Der Fall "Laurenz Meyer"

fragwürdige Gesetzgebung, politische Fehltritte
Antworten
thbrueck
Admin
Admin
Beiträge: 462
Registriert: Do 13. Sep 2007, 18:54

Der Fall "Laurenz Meyer"

Beitrag von thbrueck »

Vorwort
Ich beginne dieses Themengebiet mit dieser Sache, weil diese Affäre halt zeitlich mit der Eröffnung dieses Themenbereiches einhergeht. Natürlich gäbe es in der Vergangenheit viele Dinge, die man hätte aufgreifen können, doch irgendwo muss man den Anfang machen.

Der Politiker Laurenz Meyer ist zum Jahresende 2004 in die Schlagzeilen geraten, weil angeblich unberechtigte Zahlungen an ihn geflossen sind:
Hamburg/Berlin - Schon am Donnerstagabend habe sich der Führungszirkel der CDU im Berliner Restaurant "Piccolo" getroffen, berichtet die "Bild am Sonntag". Angela Merkel sei dort von ihrem Generalsekretär abgerückt.

Neben Merkel und Meyer seien Unions-Fraktionsvize Ronald Pofalla, Bundesvorstandsmitglied Eckart von Klaeden, Ex-Generalsekretär Peter Hintze, der parlamentarische Geschäftsführer Volker Kauder und der saarländische Bundestagsabgeordnete Peter Altmaier anwesend gewesen. Ergebnis der Krisensitzung sei eine faktische Entmachtung Meyers.

Dem Blatt zufolge fiel die Entscheidung, Meyer unter die "Aufsicht" Pofallas zu stellen. Pofalla werde auch als möglicher neuer Generalsekretär für den Fall gehandelt, dass Meyer über die Affäre stürze. Meyer sei "Generalsekretär auf Bewährung", urteilt die "BamS". Noch vor Weihnachten solle eine Zwischenbilanz der Affäre gezogen werden.

CDU-Sprecher: Meyers Aussage "bleibt richtig"

Meyer verwahrt sich indes gegen die Vorwürfe, Geldzahlungen in seiner Zeit als CDU-Generalsekretär verschwiegen zu haben. Meyers Erklärung vom Freitag "ist und bleibt vollinhaltlich richtig", ließ ein CDU-Sprecher ausrichten. Die Stellungnahme beziehe sich auf die Zeit, in der Meyer als Generalsekretär der CDU Deutschland tätig war, und nicht auf die über 25-jährige vorherige Tätigkeit von Meyer im Unternehmen RWE/VEW und in dieser Zeit geflossene Leistungen.

Nach Informationen des SPIEGEL hat Meyer in seiner Erklärung von Freitagabend indes nicht alle Zuwendungen seines ehemaligen Arbeitgebers offen gelegt. So soll der CDU-Generalsekretär in der Zeit von Juni 2000 bis April 2001 nicht nur sein volles Gehalt vom Stromriesen RWE, das jährlich zwischen 130.000 und 200.000 Mark betrug, sondern zusätzlich im gleichen Zeitraum weitere Zahlungen in Höhe von mindestens 130.000 Mark erhalten haben.

Von Juli bis Oktober 2000 war Meyer Landtags-Vize-Präsident in Nordrhein-Westfalen. Anschließend wurde er zum Generalsekretär der CDU gewählt. Der Grund für die zusätzlichen Geldzahlungen, so der SPIEGEL, werde auf Veranlassung des Aufsichtsrates derzeit von der Innenrevision des Stromkonzerns geprüft.
Quelle: Der Spiegel
Bild

thbrueck
Admin
Admin
Beiträge: 462
Registriert: Do 13. Sep 2007, 18:54

Re: Der Fall "Laurenz Meyer"

Beitrag von thbrueck »

1. Ein gewöhnlicher Arbeitnehmer darf im Prinzip nur mit Einverständnis seines Arbeitgebers ein Gewerbe betreiben. Nicht selten wird dies von Seiten des Arbeitgebers verwehrt, weil dadurch ein Interessenskonflikt entstehen könnte. Außerdem kann von Seiten eines Arbeitgebers durchaus zu Recht befürchtet werden, daß ein Mitarbeiter, der einen Zweitjob ausübt, seine Arbeitskraft nicht mehr 100% in den Dienst seines eigentlichen Brötchengebers stellt.

2. Ein Arbeitsloser darf bis zu einer gewissen (äußerst niedrigen) Grenze nebenher Einkünfte aufweisen. Übersteigen diese Nebeneinkünfte diese Grenze ist dies anrechnungspflichtig.

Sicherlich könnte man noch andere Beispiele aufführen, wo "Ottonormalo" in seinem Wirkungskreis deutlich eingeengt wird, obwohl in unserem Lande es heutzutage kaum mehr möglich ist, für einen Klein- oder Durchschnittsverdiener, allein mit einem Gehalt seine Familie durch den Monat zu bringen. Da ist Improvisation angesagt und auch die Frau muss zumindest halbtags einen Job annehmen, wenn der Mann es nicht kann oder darf.

Nun frage ich mich ernsthaft, wieso es dann Politikern (die ja nun wirklich keine Hungerleider in unserem Land darstellen) gestattet ist, lukrative "Nebenjobs" auszuüben. Ist da nicht auch wie im obigen Beispiel 1 zu befürschten, daß Interessenskonflikte entstehen könnten ? Ist ein Politiker so belastbar, dass er seine Haupttätigkeit 100% erfüllen kann, wenn er noch nebenbei andere Tätigkeiten ausübt ?

Politiker wurden irgendwann mal von den Bürgern gewählt, um regional oder gar überregional deren Interessen zu vertreten. Erhält nun ein Politiker nebenher noch Zuwendungen von Firmen, muss man sich doch fragen, ob da die Interessen der Person nicht in berechnete Bahnen gelenkt werden (sollen) ?

Bei der Diskussion um Laurenz Meyer zum Beispiel, wird vielmehr der zeitliche Aspekt der Zahlungen an ihn von Seiten der RWE behandelt als der generelle wesentliche Hintergrund. Was veranlasst eine Firma einem ehemaligen Mitarbeiter grundlos weiterhin irgendwelche Zahlungen zu leisten ? Im Umgangssprachlichen würde ich dies schlicht als "Schmiergeld" bezeichnen. Es heißt doch so treffend "Der Hund beißt nicht in die Hand, die ihn füttert!" (oder so ähnlich).

Ich wage daher mal einen Vergleich und begebe mich damit mal einige Ebenen tiefer, wo auch der letzte "Normalsterbliche" die Zusammenhänge erfassen können sollte:


Rentner Karl erhält monatlich 100 € von Nachbar Rudi, weil dessen Tochter ihren Kleinwagen auf Karl's Grundstück parken darf. Da der Stellplatz für den Wagen ohnehin für Karl keine andere Verwendung hat, kommt ihm dieses Zubrot zu seiner ohnehin kargen Rente gerade recht. Für Nachbar Rudi erscheint diese Lösung ebenfalls entgegenkommend, weil ihm leider auf seinem Grundstück der nötige Platz fehlt, einen eigenen Stellplatz für das Fahrzeug einzurichten. Alles weitere wäre kostspieliger und aufwändiger. Nun tritt allerdings der örtliche "Verein für Gartenfreunde" an Karl heran und möchte gerne genau an der Stelle, wo seit Jahren der Wagen der Nachbarstochter parkt, einen Baum pflanzen. Da Karl nun auch Mitglied des Gartenfreunde- Vereines ist und jedes Mitglied aufgrund eines vereinsinternen Beschlusses einen Baum auf seinem Grundstück pflanzen solle, entsteht nun ein Interessenskonflikt für Rentner Karl.


Fortsetzung im nächsten Beitrag...
Bild

thbrueck
Admin
Admin
Beiträge: 462
Registriert: Do 13. Sep 2007, 18:54

Re: Der Fall "Laurenz Meyer"

Beitrag von thbrueck »

Was wird er nun machen ? Das kann allerdings nur er beantworten bzw. jeder aus eigener Sicht. Eine Überlegung wird allerdings jedem in den Sinn kommen - wie kann ich beides miteinander verbinden, ohne jeweils einer Sache zu schaden ? Das Beispiel ist fiktiv und evt. auch nicht das beste, aber zeigt die Problematik der Person auf. Überträgt man dies auf Laurenz Meyer kann man ihm nichts Böses nachsagen, wenn er diesen Konflikt für "sich" lösen konnte. Ist dies allerdings auch für den Bürger, der mit seinen Steuergeldern maßgeblich die regulären Einkünfte von Staatsdienern finanziert, nachvollziehbar und akzeptabel ? Wohl eher nicht, wenn man die Einschränkungen von "Ottonormalo" in diesen Dingen vergleichsweise heranzieht. Derartige Interessenskonflikte werden bekanntlich nur selten in Einklang gebracht, so dass man besser solche Konflikte von Beginn an vermeiden sollte. Daher sollte meines Erachtens ein Politiker keine weiteren Ämter in der freien Wirtschaft begleiten dürfen. Die verbleibenden Einkünfte eines Politikers in unserem Land dürften durchaus ausreichen, um die Familie über den "Monat zu bringen".

P.S. Welchen politischen Schaden die Partei (in diesem Fall die CDU) aus dieser Affäre zieht, ist mir völlig gleichgültig und hat eigentlich mit dem Kernthema nichts zu tun. Ohnehin besitzen die meisten (Wähler) ein politisches Kurzzeitgedächtnis, sodass bis zu den nächsten Wahlen kaum noch jemand an diese Sache denken wird (freie Übersetzung eines Politwissenschaftlers, dessen Argumentation ich beipflichte)!
Leider driftet die Diskussion in den Medien mehr und mehr in diese Richtung ab.

P.P.S. Immer wieder interessant ist zu beobachten, wie die "Bösewichte" bestraft werden. Politiker müssen ihre Ämter niederlegen, bekommen fürstliche Abfindungen und beachtliche Pensionsansprüche, sodass sie ihr Leben nun sorgenfrei genießen können. Beim "Ottonormalo" sieht's da schon ganz anders aus, wenn dieser seinen Job verliert...
Bild

Antworten